Noch ’n Gedicht

6. März 2009

Die Muse, dieses unwillige Ding

Filed under: Sagenschatz — Ralf @ 15:34

… lässt manchmal eine ganze Weile auf sich warten. Aber wie auch immer, das Resultat ist eine Erweiterung der modernen Kenntnis über antiken Sagenschatz

Grounding

Dädalus der Hobbywerker
baut für Minos einen Kerker
genauer noch ein Labyrinth,
dem keiner mehr so rasch entrinnt.

Dem Minotaur, halb Mensch halb Stier,
füttert man seitdem Jungfraun hier
bis Theseus dann, am Faden rot,
das Untier findet und schlägt tot.

Sich rasch noch den Kadaver schnappt,
ihn frech im Gyrosgrill serviert,
gehackt, gegrillt in Fladen pappt,
als Biorind falsch deklariert.

Derweil schiebt Dädalus den Blues
zusammen mit Sohn Ikarus
sitzt er an Kretas Strand ruft aus:
„Ich bin ein Star, holt mich hier raus.“

Er sammelt Federn hier und da,
rupft Habichte und Hennen,
die machen darauf FKK
und spürn die Sonne brennen.

Die spürt kurz drauf auch Ikarus,
er hat vor Freud vergessen,
dass man beim Flug nicht nur den Kurs
sondern auch Höh‘ sollt messen.

Sein Federkleid schmilzt schnell dahin,
es bleiben ihm nur Reste.
Als letztes geht ihm durch den Sinn:
Wo ist die Rettungsweste?

Verletzung der Pilotenpflicht,
so heisst es offiziell am Schluss,
im Luftfahrtsicherheitsbericht,
war Schuld am Crash der Ikarus.

17. Juni 2007

Moderne Lyrik …

Filed under: noch eins — Ralf @ 12:51

… ist ja so eine Sache. Häufig fragt man sich ob die betreffenden Autoren einen Sprung in der Schüssel haben oder einfach nur betrunken waren. Aus eigener Erfahrung kann ich mittlerweile sagen, dass Rotwein auf alle Fälle ein kreativitätssteigerndes Momentum ist. In diesem Sinne viel Spass.

Abschied
Klagelied (für Oliver)

In heller Nacht
Fällt heisser schwarzer Schnee
In Sirius Reich
Zukunftsschwangere Weite erblickt
Die Gegenwart
Vergangenheit ist nur ein Wort
Gesprochen in die Sinnlichkeit
meiner Leere
Wohin Wohin?

Der Busch sprosst welkes Gespei
Gekerzte Helle strahlt mich
An
Leise rieselt
es tut weh
der Schnee?

Sterblichkeit
Teilentkeimte Woge der Nacht
Pasteurisiert
Gebiert Schmerz
ich trachte
Wonach Wonach?

Im Keim gedornt
Ein Kaktus
Ich
Stummer Schrei nach
Lauter Weh
Farbe ohne Ton
Schmerz vergeht im Käfig
ein Stück Himmel
Wo ist Freiheit?

Wann bin ich
Wirbelsturm des Seins durchbraust
Die Seele
Erkenntnis
Quälend – Antwort reift
Ich bins
dahin dahin
Freiheit! Wo ist Liebe?

P.S.
Ist es nötig das ironisch-satirische des Textes expliziet zu erwähnen? 😉

10. Dezember 2006

Service für eilige Leser

Filed under: Kurzversion — Ralf @ 20:33

Phaeton (Kurzfassung)

Phaeton fährt mit Papas Schlitten
pfeilschnell übers Himmelszelt,
stürzt herab, hat viel gelitten
und verbrennt die halbe Welt.
Liegt jetzt tot in einem Flusse,
seine Schwestern weinen Harz 1)
und zu allseit’gem Verdrusse
sind auch noch die Neger schwarz.

(Hier gehts zur Langfassung)

1) Laut Sage verwandeln sich die Heliaden, die Schwestern von Phaeton, in Trauerpappeln und beweinen seinen Tod. Ihre Tränen fallen als Bernstein in den Fluss Eridanus und werden davon gespült. Nachzulesen z.B. bei Ovid.

Manchmal …

Filed under: noch eins,Sagenschatz — Ralf @ 14:59

… ist eine Vorlage bereits äusserst witzig, so dass es kaum einer Bearbeitung bedarf. Wer sich davon überzeugen will möge hier nachschauen.

Phaeton

Phaeton sagte einst zu Phöbos
„Paps kann ich mal den Wagen haben?
Die andern Jungs hänseln mich bloss,
behaupten, ich sei nicht erhaben.
Dabei bin ich dein eigen Sohn
und du bist schliesslich Sonnengott,
drum gib mir als verdienten Lohn
den Feuerwagen, das wär flott.“

Und Phöbos – Helios und Daddy –
schaut seinen Sprössling mahnend an:
„Mach keine Kratzer in den Caddy
und fahr nur auf der Sonnenbahn.
Bleib ja weg von den beiden Polen,
die schmelzen nämlich früh genug,
versuch bloss nicht zu überholen,
es ist schon so ein heisser Flug.“

Phaeton gibt Gummi auf die Reifen,
auch wenn’s den damals noch nicht gab,
bereit der Sonne Macht zu greifen
nimmt er den Weg zum eigenen Grab.
Schrammt einen Stern vom grossen Wagen,
fährt viel zu schnell, der Sohn vom Gott,
fährt ohne Sinn, beginnt zu zagen,
fährt so den Wagen fast zu Schrott.

Zeus stoppt schliesslich den wilden Toren,
der stürzend viel verbrennt auf Erden
und dabei auch verbrennt die Mohren,
die seither nicht mehr recht weiss werden.


Bemerkung: Seit 2002 produziert VW den Phaeton. Man fragt sich, ob dieser Name für ein Automobil wirklich so intelligent gewählt ist. – Sorry Moni *zwinker*

6. Dezember 2006

Was Gustav Schwab kann …

Filed under: noch eins,Sagenschatz — Ralf @ 16:07

… kann ich auch. Nämlich die Sagen des klassischen Altertums einer modernen Leserschaft näher bringen. Und deswegen:

Prometheus

Prometheus dieser alte Held
spielte einst mit Schlamm und Lehm.
Hat Menschen heimlich hergestellt,
für Zeus war’s ein Problem.

Als Promi – wie ihn Freunde nennen –
dem Zeus auch noch das Feuer stiehlt
muss er recht rasch von dannen rennen
weil Zeus die Rache schon befiehlt.

Pandora kommt zur Erd hernieder,
kippt auch noch ihre Büchse aus.
Zum Glück kehrt sie nicht jährlich wieder
so wie der dicke Santa Claus.

Und Promi? Ach, was soll ich sagen?
Er wird am Felsen angekettet.
Ein Adler frisst aus seinem Magen
die Leber, die schon recht verfettet.

Doch besser so, als heim zu fahren,
dort würd ihn seine Frau versohlen.
Denn seine Abschiedsworte waren:
„Schatz, ich geh rasch Feuer holen.“

4. Dezember 2006

Der Wille Bedeutendes zu schaffen

Filed under: noch eins — Ralf @ 21:21

… drückt sich bei Literaten häufig in ihren Werken aus. Und was ist bedeutender als

Der Sinn der Welt

An einem Tag, ein Mittwoch wohl
klang eine Stimme, donnernd, hohl:
„Hallo, hier spricht der Sinn der Welt.
Ich will für meinen Job mehr Geld.
Bin ich’s doch, der den Grund ausmacht,
warum ihr weint, warum ihr lacht,
der in ach tagtäglicher Qual
da lenkt das ganze Weltschicksal.
Die Arbeit, glaubt’s mir, sie ist schwer.
Drum gebt mir also etwas mehr.“

Die Menschheit rief: „Du willst mehr Lohn?
Du bist verrückt, scher dich davon.
Wir nehmen uns den Unsinn her,
der macht das auch für weniger.“
Und somit ist seither die Welt
aus Geiz dem Unsinn unterstellt.

Was man so sagt

Filed under: noch eins — Ralf @ 21:14

Zum Beispiel: „Ich dachte immer, Gedichte sind ernst und kurz.“ Manchmal kann das bereits genügen:

Ernst und Kurz

Ernst und kurz, so soll er sein,
der Vers von Meisterhand.
Einst war ein Mann, einsam, allein,
Ernst Kurz ward er genannt.
In Wahrheit war er eher lang
und lustig war er auch.
Doch „Lustig Lang“, welch übler Klang,
da dreht sich ja der Bauch.
Drum bleiben wir hier Ernst und Kurz
und lachen nicht bei jedem Frohsinn.

3. Dezember 2006

Eine Aufgabe

Filed under: noch eins — Ralf @ 16:23

Hin und wieder kommen Freunde von mir auf die (un)glückliche Idee, mir eine Aufgabe zu stellen. „Schreib doch mal ein Gedicht über Winkel im Dreieck“. Saublöde Idee … oder auch nicht:

Der Dreieckswinkel

Ein Dreieckswinkel ist seit Tagen
am Jammern, Meckern, Schimpfen, Klagen.
Gar traurig es ihm da entrinnt:
„Ich bin für Höheres bestimmt.
Zwar bin ich und das ist nicht schlecht,
als einziger hier drinnen recht,
allein mein Vetter, der feine Pinkel,
der hat ’nen Job in Reit im Winkel,
ist arrogant, hochnäsig, eitel,
trägt akkurat ’nen Mittelscheitel.
Wird reich als Winkeladvokat –
und was krieg ich? So 90 grad.
Sogar mein Bruder hat es netter.
Als Hobbywerker hält er Bretter
und treibt’s dabei so wie ein Scheich
mit 15 Spaxschrauben zugleich.
Doch halt – jetzt hab ich meinen Trumpf.
Ich steige auf, werd‘ überstumpf.“
So sprach er und sprengt zu dem Zweck
als Dreieckswinkel sein Dreieck.

Was lernt man nun aus dem Gedicht?
Dass auch ein Winkel mal zerbricht.
Weil wenn er nur drei Ecken sieht
begeht selbst er einmal Suizid.

30. November 2006

Besuch bei Freunden

Filed under: noch eins — Ralf @ 11:18

Vor einiger Zeit war ich wieder einmal bei Freunden zu Besuch. Und plötzlich lag ein Gästebuch vor mir. „Ach – schreib doch noch was rein.“, so die freundliche Aufforderung. Entstanden ist ein neues Werk:

Der Floh

Ein Floh, so einer von den Kleinen,
mit kurzen, dünnen, krummen Beinen,
hört eines Tages einen Streit,
der Wissenschaftler schwer entzweit:
Die Welt sei flach wie eine Scheibe
und wer zu nah zum Abgrund treibe
stürzt in das weite Weltenall
in immer während freiem Fall.
„Von wegen, das ist doch nicht wahr,
sie ist ne Kugel, völlig klar,
geschossen aus des Herrn Gewehr
saust sie im Weltraum hin und her.“

Der Floh kann darob doch nur lachen.
Wer glaubt denn solche dummen Sachen.
Denn seine Welt, nicht flach, nicht rund
heisst Bello – und sie ist ein Hund.

28. November 2006

Auf dem Jakobsweg …

Filed under: noch eins — Ralf @ 21:32

… waren ja schon etliche unterwegs. So auch ich in diesem Sommer. In vier Wochen mit dem Rad von der Haustüre bis nach Santiago di Compostela. Rund 2250 km. *stolz bin wie oscar* Und wie meine grossen Nicht-Vorbilder Coelho und Kerkeling habe auch ich mir Gedanken über das Transzendentale gemacht. Erstaunlich, welche Erkenntnisse einem unterwegs kommen:

Schöpfungslogik

Wenn Gott die Tüte nicht hätte geschaffen,
als Tragehilfe für menschliche Affen,
dann müssten wir, das könnt ihr mir glauben,
unseren Krimskrams tragen wie einzelne Trauben.
Beim Einkauf zehnmal zum Wagen laufen.
Oder zukünftig stets nur zwei Dinge kaufen.
Wobei, wenn man es sich recht bedenkt,
hätte Gott uns dann wohl zehn Hände geschenkt.

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